Balkon 1984
Balkon vorm Fenster, hingeschraubt
Meine erste Schweissarbeit war ein Balkon, den ich mir vors Fenster hängte.
Von einem Nachbarn hatte ich einige ausgediente Storenrohre erhalten, verzinkt mit ca. 50 mm Ø. Diese Rohre – wozu konnte ich die denn brauchen?
Als Junge hatte ich in einem Hobby-Heftchen (welche von meinem Vater missbilligt wurden) eine Geschichte gelesen, wo ein Vater, als ein Kind zur Welt kam, versuchte, die Platznot in der Elternwohnung zu lindern: Er baute eine Art Polyester-Blase, welche er vors Fenster des Wohnzimmers hängte. Speziell an der Sache war, dass die Wohnung in einem Wolkenkratzer auf ca. 60 m Höhe lag.. Ich weiss nicht, ob das Kind in seinem Kinderzimmer alt geworden ist..
Jedenfalls schweisste ich mit einer autogenen Hartlötanlage, die ein Freund mir zur Verfügung stellte, welcher gerade seine Fahrradfirma gegründet hatte, aus den Rohren meine Balkonkonstruktion.
Da ich keinerlei Erfahrung mit der Haltbarkeit von Schweissnähten hatte, bohrte ich durch die Flacheisenstücke, welche ich an die Enden der Rohre schweisste, sicherheitshalber noch ein Loch durchs Rohr und durchs Flacheisen hindurch, steckte einen Bolzen durchs Loch und verschweisste anschliessend die Bolzenenden wieder mit dem Rohr. Falls die Schweissnaht brechen sollte – hielt der querliegende Bolzen bestimmt.
Die tiefen Löcher in der Wand bohrte ich mit einem riesigen Kango-Bohrhammer. Man musste die sonderbar gestalteten Bohrer von Hand hin- und herdrehen.
Ich goss auch ins Innere der Rohre an den geschweissten Stellen Rostschutzfarbe. Das ganze zu bauen dauerte lang und brauchte einiges an Gas..
Die Befestigungsschrauben an der Wand waren extrastarke Stahlbauschrauben, mit einer Scherlast von ca. 800 kg je Schraube.
Als Fussboden dienten zwei Bauläden, die ich auf einer Baustelle gegen einige Biere eingetauscht hatte.. Darin war ein Bullauge integriert, damit ich immer noch aus dem Fenster durch den Balkonboden nach unten blicken konnte.. Das Glas hatte 20mm Stärke, damit man unbesorgt draufstehen konnte.
Ich kann sagen: Die Stahlkonstruktion hat sich bewährt - erst 2011 schraubte ich meinen Balkon von der Wand. Seit Jahrzehnten war ich überhaupt nie mehr hinausgegangen, da ich gar nicht so ein Balkon-Typ bin, wie ich herausfand.
Die Schaltafeln, die als Boden dienten, hatte ich mit Bootslack gestrichen, mit beigefügtem Sand als Rutschsicherung. Nach etwa acht Jahren wechselte ich die ersten aus, die zweiten liess ich beinahe durchfaulen – weil ich selber zu faul war, die nochmals auszuwechseln.
(Einen Aluboden konnte ich mir nie leisten, der hätte problemlos die Zeit überdauert..)
Robert Stolz
1984