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SeifenblasenVelo - SeitenwagenVelo 2022

Prop mit mechanischer Funktion

Reto Trösch bat mich, ein Fahrrad zu entwickeln und bauen, welches Seifenblasen erzeugen sollte.. Und zwar in der Art, wie diese Riesenseifenblasen, die seit ein paar Jahren Mode sind und die Kinder begeistern. (Und die Wiesen mit der Seifenlauge zerstören..)

So eine Vorrichtung auf ein normales Velo zu bauen erwies sich als Illusion. Die Regie hatte ein Dreirad gewünscht. Ich wusste, ein Dreirad  auszuleihen kam nicht in Frage – ich musste ja daran herumschweissen. Eins zu kaufen hätte das gesamte Budget aufgebraucht.


Also beschloss ich, das vierte Seitenwagenvelo  meines Lebens zu bauen. Das erste hatte ich ungefähr 1986 gebaut und dabei gemerkt, dass so ein Ding ein äusserst praktisches Transportvehikel ist. Damals konnte ich noch bei weitem nicht Autofahren und benutzte es sehr oft für Transportfahrten – um z.B. Sechsmeter-Stahlstangen beim Stahllieferanten abzuholen oder mit Freundinnen als Ladung ins Kino zu fahren. Oder um bei Neuschnee in der Stadt herumzubrettern, da ich ja nicht ausgleiten und umfallen konnte..

Das zweite baute ich, weil mir das erste mal kurz vor dem Theaterspektakel, wo ich damals darauf einen Postkartenstand hatte, gestohlen wurde. Wütend, wie ich war - ich hatte es unabgeschlossen an der Heinrichtstrasse stehen lassen, weil ich annahm, dass ohnehin niemand damit fahren könnte - schweisste ich mir in aller Eile (und eben: Wut) aus einem Dreigangvelo vom Brockenhaus ein Behelfs-Seitenwagenvelo.  Kaum war das Spektakel vorbei, rief mich der Polizeiposten, dem ich zuvor meinen Verlust gemeldet hatte, an: Sie hatten es gefunden, unbeschädigt!


Das dritte baute ich mir 1997, weil ich endlich ein perfektes Seitenwagenvelo wollte. Dann merkte ich, dass ich damit aussah, wie ein Alternativer, der noch immer nicht gemerkt hatte, dass nun alle Züge für ihn abgefahren seien.. Also benutzte ich es kaum mehr, lernte bald darauf gar Autofahren.. Inzwischen haben sich die Zeiten aber wieder geändert!

Und nun, 2022 baute ich also mein vorläufig letztes Seitenwagenvelo, um darauf Seifenblasen zu erzeugen. Das ganze für eine Werbung für Aldi: Damit will das Handelsunternehmen darlegen, dass es ganz grün eingestellt ist und auch den Klimawandel ernst nimmt. Ein Althippie sollte darauf sitzen, mit langen grauen Haaren. Ich hatte ein Foto von ihm gesehen.

Youtube lehrte mich die Seifenblasenerzeugung. 

Ich wusste aus Erfahrung, dass Dinge, die zauberhaft leicht aussehen – oft schwierig zu bewerkstelligen sind. Ich ahnte, dass die Seifenlauge, welche ich unbedingt in einem Eimer mitführen musste, herumschwappen würde, dass alles, was eine seelenlose Mechanik vollführt, nicht so gute Resultate liefert, wie wenn man die ganze Zeit von Hand bei den Bewegungen nachjustieren kann und so weiter.

(Dass ich auch wusste, dass es nicht so leicht ist, Seitenwagen zu fahren – selbst auf Motorrädern ist es ganz anders, wie ohne – machte mir das Herz nicht leichter. Als ich das Velo fertiggebaut hatte, den ersten Versuch machen wollte und in meiner steilen Garageneinfahrt starten wollte, fiel ich wie zum Beweis mit dem ganzen Ding um und schlug mir den Kopf blutig. Das erzählte ich dem Althippie aber erst, als er schon eine Weile selbständig herumfuhr mit meinem Gefährt..)


Die Blasenmechanik musste vom Antriebsrad angetrieben werden. Ich befestigte ein Ritzel auf der dem Antrieb gegenüberliegenden Radseite, Schrauben verbanden es starr mit dem Rad. Ein Zwischengelege nahm die Kette auf einem grossen Antriebsblatt auf, somit hatte ich die erste Untersetzung. Ein zweites Kettenblatt wurde von einem weiteren kleinen Ritzel aus angetrieben – das machte die Bewegung genügend langsam. Wie immer war ich gezwungen, erst mal alles zusammenzubauen um herauszufinden, ob meine Pläne tatsächlich funktionieren..


Auch hatte ich gesehen, dass die Profis mit zwei Stäben und einer Schnur-Öse arbeiten, die sie in die Seifenlauge tauchen, hochheben, auseinanderhalten und dann macht der Wind Riesenseifenblasen – oder sie rennen ein wenig, um Fahrtwind zu kriegen. Wenn sie die Blase loslösen wollen, halten sie die Schnur-Öse wieder zusammen. Das musste ich also auch mechanisch hinkriegen. Aber wie?


Ich baute zwei Stahlstangen-Führungen, die mittels Ösen die beiden Stäbe auseinander- und wieder zusammenführten, wie auf Schienen. Jeweils unten tauchte die Schnur oder der Stoff in den Seifeneimer ein, wenn alles wieder hochfuhr, gabs günstigstenfalls grosse Blasen. Oft schüttelten die Bewegungen des Fahrrades die Seife in alle Richtungen davon, schon vorher spritzte die Lauge aus dem Eimer wild herum.. Dann gabs keine Blasen.

Ich merkte: Wenns gar keinen Wind hat, reicht der Fahrtwind käumlich. Wenns zuviel Wind hat – bläst der die Seifenblasen gleich ganz weg. Man musste eher langsam fahren – ausser bei Windstille, dann lieber schneller, jedoch schüttelte das Gefährt dann die Seife von der Schnur (und aus dem Eimer).


Am letzten Tag vor dem Dreh, eigentlich vormittags baute ich noch schnell einen kleinen Ventilator zusammen, der notfalls vor die Schnuröse montiert werden konnte, falls Flaute herrschen sollte. Und erst am Vorabend – dann hatte ich das Ganze fertiggebaut – konnte ich letzte Tests fahren. 

Meine Schwägerin war bereit, mich zu filmen. Am Schluss bat ich sie, auch einmal zu fahren, um zu sehen, ob jemand der noch nie mit dem Ding gefahren war, es hinkriegte! Sie jedenfalls schaffte es locker beim erstenmal damit umzugehen. Auch entstanden häufig wunderbare Riesenblasen..

Ich lud das Velo mit abgenommenen Aufbauten in mein Auto und am nächsten Morgen erreichte ich den Drehort bei Schlatt, gleich an den Kantonsgrenzen ZH/TG.

Und traf sehr bald Christopher an, der mit meinem Velo fahren musste. Ich machte mit ihm einen Crash-Kurs: Ein normales Velo balanciert immer irgendwie hin- und her. Beim Seitenwagen geht das in die Richtung des Wagens nicht, also wird man in die andere Richtung zurückgeworfen, noch stärker, wenn die Wagenseite plötzlich durch Unebenheiten erhöht wird. (Ist mir ja beim ersten Fahrversuch passiert, siehe oben..) Also möchte das Velo von selber – scheinbar – am liebsten vom Wagen weg in enge Kurven gehen.. Das muss man ignorieren lernen, sein Gewicht eher zum Wagen hin neigen und ansonsten dorthin fahren, wo man will. Notfalls bremsen und ruhig warten, bis man weiter weiss.. Christopher – wie viele beim ersten Mal – stellte sich erschreckt mit beiden Füssen zu Boden, wie bei einem normalen Velo.. Aber nach etwa sieben Minuten vertraute er dem Ding und fuhr fortan wohin er wollte. Mir fiel ein Stein vom Herzen!

Und Blasen: Manchmal gabs wunderschöne, manchmal keine. Ich hatte noch für alle Fälle einen winzigen Seifenblasenfrosch gekauft, mit Batteriebetrieb, damit wenigstens Unmengen von kleinen Blasen entstehen sollten. Das Seifenlaugenkonzentrat (Zauberseife.ch) kaufete ich bei Jugglux in Winterthur. Wo ich auch den Plastikfrosch fand.


Wir versuchten nebenher, mit zwei Stecken Blasen zu machen, damit welche gesondert gefilmt werden konnten, während keine Leute herumliefen. Auch das ging manchmal, manchmal nicht. Der starke Wind verwehte die Blasen, abends sollte  sogar Sturm aufkommen..

Aber alles verlief gut, Noah von der Ausstattung spritzte noch eine Kartonverkleidung fürs Velo, steckte echte Blumen dran – es sah aus wie direkt von 1970 importiert!


Dann fuhren wir alle noch aufs Land weiter hinaus, um an einer Strassenkreuzung Schafe zu filmen. Wenn ich das richtig verstanden habe, möchte Aldi zeigen, dass die Kunden ihre Schafe selber auswählen und kennenlernen können, die süssen Lämmlein, bevor sie sie essen…

2022

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